Häufige Fragen (FAQ)

Auf den folgenden Seiten möchten wir auf häufige Fragen und Einwände zu den Zielen und zur Umsetzung des Volksentscheids Fahrrad (VEF) eingehen. Wenn Deine Frage noch nicht dabei ist, kannst Du uns schreiben unter fragen@volksentscheid-fahrrad.de.

Allgemeine Fragen zur Initiative

„Warum soll der Radverkehr gefördert werden?“

Fahrräder sind das moderne urbane Transportmittel schlechthin: Sie produzieren 0 Gramm C02, Feinstaub oder Stickoxide, sind sehr leise und brauchen wenig Platz. Wenn in Berlin also mehr Menschen auf das Fahrrad umsteigen, ist das gut für alle. Im Berliner Zentrum ist man mit dem Fahrrad schneller am Ziel als mit jedem anderen Verkehrsmittel. Es ist preiswert, macht Spaß und man tut nebenbei noch etwas für seine Gesundheit – und die der anderen. Außerdem stellt es eine wesentlich kleinere Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar als der motorisierte Verkehr.

„Es gibt bereits genügend RadfahrerInnen in Berlin!“

Es gibt viele Menschen, die Rad fahren möchten, sich jedoch bisher nicht trauen, da die Radwege oft unsicher oder nicht vorhanden sind. Ältere Menschen und Kinder beispielsweise könnten sorgloser Fahrrad fahren, wenn der Volksentscheid Fahrrad erfolgreich ist und Berlin sichere und schnelle Fahrradwege bekommt. Beispiele in anderen Städten wie Amsterdam, New York, Barcelona oder Kopenhagen haben bereits gezeigt, dass der Ausbau der Infrastruktur für Fahrradverkehr die Unfallzahlen deutlich reduziert und gleichzeitig zu einer Zunahme des Radverkehrs führt. Deswegen wollen wir hier ansetzen und so mehr Menschen sicheres Fahrradfahren ermöglichen.

„Warum soll ein Verkehrsmittel gegenüber allen anderen bevorzugt werden?“

Zur Zeit wird nicht das Rad, sondern das Kfz massiv bevorzugt. Der Volksentscheid Fahrrad möchte dafür sorgen, dass das Fahrrad einen angemessenen Platz im Verkehrsraum der Stadt erhält, also sichere und schnelle Wege, auf denen alle Fahrrad fahren können. Derzeit werden laut einer Studie dem Fahrrad ca. 3 % der Verkehrsflächen zugebilligt, während für das Auto ca. 60 % der Flächen verbraucht werden. Dieses Verhältnis ist nicht mehr zeitgemäß und eine bis heute nachwirkende Folge der autozentrierten Stadtplanung aus den 50er-Jahren. Moderne Stadtplanung in einer wachsenden Stadt wie Berlin muss das Fahrrad als wichtiges Verkehrsmittel berücksichtigen und ein gutes separates Wegenetz zur Verfügung stellen.

„Vertritt der Volksentscheid Fahrrad nur eine kleine Gruppe?“

Das Fahrrad ist ein Verkehrsmittel für Jung und Alt, selbst der frühere Verkehrs- und heutige Innensenator Geisel beschreibt es seit neuestem als Massenverkehrsmittel. Es steht Menschen jeden Alters und jeden Einkommens zur Verfügung. In der Innenstadt werden mehr Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt als mit dem Auto. Laut einer repräsentativen Umweltbewusstseinsstudie des BMUB aus dem Jahr 2014 möchten 82 % der Deutschen weniger Pkw-Verkehr in den Städten und wünschen sich, Ihre Ziele mit dem Fahrrad erreichen zu können.

„Berlin ist und bleibt eine Autostadt!“

Alle Verkehrsmittel sollen ihren Platz haben in Berlin, denn es gibt unterschiedliche Gründe für die individuelle Wahl jedes Einzelnen. Aber ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr fördern das Wohl aller Menschen in der Stadt: Sie schonen die Umwelt, sorgen für bessere Luft, weniger Lärm und beleben den öffentlichen Raum. So wird die Stadt lebenswerter, sicherer, ruhiger und gesünder. Das ist im Interesse aller Bürger. Das zeigt auch eine Umfrage im Auftrag der Berliner Morgenpost: 62 % der BerlinerInnen stehen hinter den Zielen des Volksentscheids Fahrrad. Der Volksentscheid Fahrrad ist mehrheitsfähig.

„In Berlin radeln hauptsächlich junge Männer zwischen 25 und 45 Jahren. Somit kommt der Gesetzesentwurf nur dieser kleinen Gruppe zugute.“

In Amsterdam oder Kopenhagen, wo die Bedingungen für den Radverkehr besser sind, findet man unter den RadfahrerInnen sogar mehrheitlich Frauen, viele Kinder und Senioren. In Großbritannien hingegen ist die Gruppe der RadfahrerInnen überwiegend männlich und jung, während viele Frauen und ältere Menschen sich laut Umfragen aufgrund der gefährlichen Situationen, denen sie ausgesetzt sind, nicht trauen das Rad zu benutzen. Sichere Radwege bieten auch körperlich Behinderten die Möglichkeit, sich selbstständig und sicher mithilfe von angepassten Fahrzeugen auf dem Radweg fortzubewegen. Auch für Lastenräder, die als Familienfahrzeug für Familien mit kleinen Kindern dienen, ist genügend Platz. Wir möchten also, dass Rad fahren in Berlin für alle möglich wird – unabhängig von Geschlecht, Alter und Kondition. Jeder sollte sich auf allen Straßen sicher fühlen.

Infrastruktur und Bedingungen

„Berlin ist nicht Kopenhagen. Hier gibt es nicht die gleichen Bedingungen.“

In Kopenhagen und anderen fahrradfreundlichen Städten hören die Radwege nicht an den Stadtgrenzen auf. Auch aus dem Umland kommt man komfortabel und sicher mit dem Rad in die Stadt. Berlin ist zwar größer in der Ausdehnung als andere Städte wie Amsterdam oder Kopenhagen. Trotzdem gibt es hier gute Grundbedingungen zum Radfahren: Berlin ist sehr flach und grün, und die Straßen sind breit – gerade im Vergleich mit den genannten Städten. Außerdem besitzen die Menschen bereits Fahrräder und möchten Fahrrad fahren. Perfekte Bedingungen, um Fahrradstadt Nr. 1 in Europa zu werden. Weiterhin findet ein Großteil des Berliner Lebens in den jeweiligen Kiezen statt. Daher sind die Strecken meist nicht länger als in anderen Städten. 50 % der mit dem Kfz gefahrenen Strecken in Berlin sind keine 5 Kilometer lang. Fast alle diese Strecken könnten also problemlos mit dem Fahrrad gefahren werden. Dass in Berlin schon so viele Menschen Rad fahren – trotz der häufig schlechten Bedingungen – bestätigt diese Vermutung. Andere Millionenmetropolen wie New York, Paris und London haben es geschafft, in nur wenigen Jahren eine hochwertige Infrastruktur für den Radverkehr auszubauen. Dadurch wurde der Anteil des Radverkehrs in diesen Städten deutlich gesteigert (Impression). Diese Städte sind der Beweis, dass gute und sichere Radwege in kurzer Zeit möglich sind.

„Wo liegt das Problem, man kann doch schon überall Rad fahren?“

Der Radverkehr braucht ein zusammenhängendes Netz an eigenständigen Radwegen. Nur dann ist es möglich, dass Menschen jeden Alters entspannt, sicher und zügig an ihr Ziel kommen. Der Volksentscheid Fahrrad sieht u. a. Fahrradschnellwege für längere Strecken vor. Ein Teil der PendlerInnen kann so aufs Fahrrad umsteigen und den Berufsverkehr entlastenEines der Ziele des Volksentscheids – ausreichend breite Radwege an Hauptstraßen – wird nicht nur von Verkehrsexperten empfohlen, sondern steht als Ziel sogar schon in der Radverkehrsstrategie des Senates. Leider wird nichts dafür getan, dieses Ziel auch umzusetzen. An 50 % aller Hauptstraßen gibt es gar keine Radinfrastruktur. Die Radwege, die es in Berlin gibt, sind zu großen Teilen unsicher, schmal und nicht ausreichend vom Gehweg abgetrennt. Zwischen Teilstrecken fehlen oft Verbindungen und es gibt viele Strecken, wo RadfahrerInnen neben oder sogar zwischen dem Autoverkehr auf der Straße fahren müssen.

„RadfahrerInnen fahren auf der Straße, obwohl ein Radweg vorhanden ist.“

Was viele nicht wissen: In Berlin ist das auf rund 85 % der Straßen erlaubt. Und zwar, weil der Gesetzgeber erkannt hat, dass Fahren auf der Straße oft sicherer ist als auf einem schlechten Radweg. Der Volksentscheid möchte jedoch, dass die Radwege von der Autofahrbahn getrennt und sicher zu befahren sind. Dann können und werden alle RadfahrerInnen auf dem Radweg fahren. Denn wenn es gute Radwege gibt, fährt praktisch niemand mit dem Fahrrad auf der Straße. Denke zum Beispiel an den Columbiadamm oder die Straße des 17. Juni. Leider sind in Berlin sehr viele Radwege in extrem schlechten Zustand und gefährlich zu befahren. Das liegt an Wurzelschäden, schlechtem Belag, fehlender Trennung vom Fußweg und schlechten Sichtbeziehungen zum Autoverkehr. Deswegen nehmen viele RadfahrerInnen das kleinere Übel in Kauf und fahren auf der Straße – vor allem, wenn sie rasch vorankommen möchten.

Mythen zum Thema Radfahren

„RadfahrerInnen fahren wie Rowdys und halten sich nicht an die Verkehrsregeln.“

Vorab: Ein Trottel bleibt ein Trottel, egal ob er auf dem Rad, im Bus oder im Auto sitzt. In Berlin steigen täglich eine halbe Millionen Menschen auf das Fahrrad, darunter rücksichtsvolle und weniger rücksichtsvolle. Deswegen gehört zu unserem Gesetzespaket der Ausbau der Polizei-Fahrradstaffeln. Sie sollen dafür sorgen, dass AutofahrerInnen die Radwege nicht zuparken und RadfahrerInnen nicht die Gehwege befahren. Wenn RadfahrerInnen dann tatsächlich über ein gutes und komfortables Netz verfügen, kann niemand mehr sein Verhalten dadurch rechtfertigen, dass er bei der Verkehrsplanung nicht mitberücksichtigt wurde. Das ist jetzt leider noch viel zu oft der Fall – etwas, das wir keinesfalls bestärken oder fördern!

„RadfahrerInnen nerven!“

Der Autoverkehr wird durch die geplanten Maßnahmen nicht nur fließender, sondern auch entspannter, da durch getrennte Bereiche wesentlich weniger Konflikte im Verkehr entstehen. Best-Practice -Beispiele wie Kopenhagen oder die Niederlande zeigen, dass ein starker Radverkehr die Grundlage eines effizienten Verkehrssystems ist und ein entspannteres Miteinander im Verkehr ermöglicht.

Fragen zur Auswirkung auf den Autoverkehr

„Der Volksentscheid verschärft den Konflikt zwischen Fahrrad- und AutofahrerInnen.“

Das Gegenteil ist der Fall: Eine gut ausgebaute Radinfrastruktur entschärft die Konflikte zwischen AutofahrerInnen, FußgängerInnen und RadfahrerInnen. Außerdem bedeuten unsere Ziele die Gleichstellung der verschiedenen Verkehrsmittel: Alle BerlinerInnen sollen sich frei entscheiden können, wie sie sich fortbewegen möchten. Wir führen keinen Glaubenskrieg, sondern lassen uns von guten Argumenten leiten. Im Endeffekt möchten alle, entsprechend ihrer Bedürfnisse, schnell, komfortabel, sicher, günstig, gesund, und umweltfreundlich an ihr Ziel gelangen. Das Rad sollte dabei eine Option für jeden sein, auch für Kinder und Senioren. Mithilfe der räumlichen Trennung von Autostreifen und Radstreifen sowie einsehbaren Kreuzungen werden Konflikte zwischen motorisiertem Verkehr und Radverkehr reduziert. Jüngst erhielten wir prominente Unterstützung vom Autopapst bei Radio 1. Er weiß, das auch AutofahrerInnen vom Volksentschied Fahrrad profitieren, wenn sie keine Angst mehr haben müssen, RadfahrerInnen zu überfahren.

„Ich fahre mit dem Auto, zusätzliche Radwege nehmen meinen Platz weg.“

Der Volksentscheid richtet sich nicht gegen den Autoverkehr, sondern möchte die Probleme und Konflikte im Verkehr entschärfen. Der Zahl der RadfahrerInnen in Berlin steigt stark an – und das ist auch gut für die AutofahrerInnen. Stell Dir einmal vor, alle RadfahrerInnen würden ab morgen Auto fahren! Dann gäbe es in der ganzen Stadt Stau, den ganzen Tag. Dem wachsenden Radverkehr muss jedoch auch die Infrastruktur gerecht werden, dann können RadfahrerInnen und AutofahrerInnen entspannt ans Ziel kommen. Der Autoverkehr wird durch unsere Ziele nicht lahmgelegt. Im Gegenteil: Wenn mehr Menschen aufs Fahrrad umsteigen, gibt es mehr Platz und weniger Staus für diejenigen, die wirklich aufs Auto angewiesen sind.

„Wohin sollen die parkenden Autos?“

Der Wegfall von Parkplätzen lässt sich nicht vermeiden. Der begrenzte Platz in der Stadt kann den steigenden Auto- und Parkverkehr nicht aufnehmen. Es ist mit zunehmender Verdichtung der Städte und steigendem Verkehrsaufkommen nicht mehr möglich, an allen kostenlosen Parkplätzen im öffentlichen Raum festzuhalten. Doch auf der gleichen Fläche, die ein parkendes Auto benötigt, finden 10 Fahrräder Platz. Das bedeutet: Mehr Fahrradverkehr schafft Platz, der allen zugutekommt. Ein typisches Berliner Mietshaus hat 10 bis 40 Wohnungen, aber auf der Straße davor nur 4 bis 5 Parkplätze. Das kann auf Dauer nicht funktionieren. Schon jetzt besitzt weniger als die Hälfte der Berliner Haushalte ein Auto. Viele Menschen könnten auf ein eigenes Auto verzichten, wenn es bessere Fahrradwege gäbe. So wird auch das Parkplatzproblem entschärft. Es ist ohnehin politisches Ziel, die Autos möglichst aus den Innenstädten zu verbannen, zumindest laut des nie realisierten Vorhabens „Masterplan Parken“ des alten schwarz-roten Senats. Denn der Parksuchverkehr ist ein großes Problem mit umwelt- und gesundheitsschädlichen Effekten, Abgasen, Feinstaub, Stickoxiden, Lärm. Die Politik vermeidet nur, dieses Thema in der Öffentlichkeit auszusprechen. Wie lange ihr das noch gelingt?

Fragen zur Auswirkung auf andere Verkehrsmittel

„Ich bin FußgängerIn und fühle mich von Radlern bedrängt, die auf dem Gehweg fahren. Warum sollte ich den Volksentscheid unterstützen?“

Fahrräder gehören nicht auf den Gehweg, sondern auf den Radweg. An Stellen, wo es gute Radwege gibt, kommt es kaum zu Konflikten mit FußgängerInnen. Der Volksentscheid fordert klar getrennte Wege und ist – aufgrund der Erfahrungen aus anderen Ländern – davon überzeugt, dass diese von den RadfahrerInnen dann auch gerne genutzt werden. So können FußgängerInnen wieder ungestört auf dem Gehweg unterwegs sein. Berlin hat tolle breite Fußwege, die wir gerne von RadfahrerInnen und auch von parkenden Autos freihalten wollen – schließlich sind abgestiegene RadfahrerInnen auch FußgängerInnen.

„Der Wirtschaftsverkehr wird ausgebremst!“

Wir beneiden nicht die FahrerInnen des Liefer- und Wirtschaftsverkehrs in Berlin. Es gibt großen Zeitdruck, aber kaum geeignete Haltemöglichkeiten. Deswegen parken viele FahrerInnen illegal in zweiter Reihe oder auf dem Fahrrad- oder Fußweg. Dies ist eine große Gefahrenquelle. Es ist unverantwortlich, dass dieses Thema von Politik und Polizei bisher als Kavaliersdelikt behandelt und ignoriert wird. Die Einrichtung und Freihaltung von Lieferzonen, die der Volksentscheid Fahrrad explizit für die Fahrradstraßen fordert, erleichtern dort den Lieferverkehr. Die Politik ist gefordert, verbindliche Standards für alle Straßen zu setzen. Mittlerweile gibt es einige Unternehmen in Berlin, die auf Lieferverkehr mit Lastenrädern setzen. Dies ist eine sehr sinnvolle, da umweltfreundliche, ökonomische und platzsparende Entwicklung, die durch das Radgesetz erheblich gefördert würde. Denn es lässt sich noch einiges bewegen: 51 % des städtischen Lieferverkehrs könnten hinsichtlich Volumen und Entfernung problemlos auf Lastenräder verteilt werden.

„Welche Auswirkungen hat der VEF auf den öffentlichen Nahverkehr?“

Radverkehr und ÖPNV gehören zusammen. Beide sind Teil des Umweltverbundes: Sie sind gut für die Umwelt, sparen Platz und ermöglichen eine lebenswerte Stadt. Indem getrennte Fahrradspuren geschaffen werden, müssen RadfahrerInnen die Busspur nicht mehr benutzen. So wird der Busverkehr schneller und pünktlicher. Die BVG könnte erhebliche Kosten sparen. Und bessere Fahrradwege sowie gute Abstellmöglichkeiten an den Bahnhöfen vereinfachen es PendlerInnen enorm, mit Rad und ÖPNV zur Arbeit zu fahren.

Fragen zu Finanzierung und Umsetzung

„Sind Ihre Forderungen nicht unglaublich teuer?“

Gute Radwege kosten Geld, und das ist auch in Ordnung: Wir gewinnen enorm an Lebensqualität und investieren in die Zukunft von Berlin. Das Rad belastet, anders als einige andere Transportmittel, nicht die Umwelt, produziert keine giftigen Abgase und verursacht keinen Lärm. Durch mehr Bewegung wird das Gesundheitssystem massiv entlastet. Hinzu kommt der Rückgang schwerer Verkehrsunfälle. Auch der Unterhalt von Fahrradwegen ist deutlich günstiger als der von Autostraßen. Langfristig wird also viel Geld gespart. Die 10 Punkte des Radgesetzes sind dabei keine Luxusforderungen für die Fahrradstadt Berlin, sondern ein vernünftiger Kompromiss mit guten langfristigen Investitionen, wie z.B. Fahrradschnellwegen. Außerdem können, wo es ausreichend ist, viele praktikable Lösungen schnell mit Pinsel und Farbe umgesetzt werden. 3 Kilometer Radweg kosten 400.000 Euro. Drei Kilometer A100 kosten mehr als das Tausendfache, nämlich mindestens eine halbe Milliarde Euro. Die Gesamtkosten für die Herstellung eines kompletten, funktionierenden Netzes von Fahrradwegen in ganz Berlin sind mit 470 Mio. Euro erstaunlich günstig. Insbesondere, wenn man sie vergleicht mit den Kosten für das Stadtschloss (615 Mio. Euro) oder den aktuell über 5 Mrd. Euro für den BER. (Link zur genauen Erläuterung der Kostenschätzung des Radgesetztes)

„Können die Maßnahmen dann später überhaupt umgesetzt werden?“

„Ihr Gesetz ignoriert die Verwaltungsrealität“, so der frühere Verkehrs- und heutige Staatssekretär für Inneres Christian Gaebler (SPD). Wenn der politische Willen allerdings vorhanden ist, dann kann auch in kurzer Zeit viel geleistet werden. Städte wie New York, London oder Paris machen das vor. Eine Verwaltung setzt nur zügig um, wenn sie klare Vorgaben hat. Herr Gaebler und der frühere Verkehrs- und heutige Innensenator Geisel haben kürzlich eingeräumt, dass man einiges in der Umsetzung der Radstrategie des Senates beschleunigen könnte und sie sich über den wachsenden Druck aus der Bevölkerung freuen. Das bestätigt uns, wie wenig ernsthaft der Senat seine eigene Radverkehrsstrategie verfolgt und dass wir ein verbindliches Gesetz für den Ausbau der Fahrradinfrastruktur brauchen. Wir fragen uns: Warum ist die letzten 10 Jahren so wenig passiert? Warum sind z. B. von den 20 Punkten aus dem Radsicherheitsdialog des Senats bisher nur zwei umgesetzt worden? Und wie kann es sein, dass die Investitionen in die Radinfrastruktur in den letzten 4 Jahren gesunken sind, während der verfügbare Betrag gestiegen ist? Dies alles zeigt: Es gibt keinen klaren Willen, den Radverkehr zu stärken und RadfahrerInnen endlich Sicherheit und Komfort zu bieten. Das hat mit Verwaltungsrealität nichts zu tun, sondern mit mangelnden Vorgaben aus der Politik. Im Übrigen ist es Teil des Radgesetzes, in der Berliner Verwaltung neue Stellen zu schaffen, damit die Umsetzung beschleunigt werden kann. In den Bezirken und bei der Verkehrslenkung werden die notwendigen Koordinierungs- und Planungsstellen eingerichtet, die der Fachabteilung zuarbeiten.

„Aber die Stadt setzt sich bereits für den Radverkehr ein. Warum reicht das nicht aus?“

Jedes Jahr sterben RadfahrerInnen auf der Straße: In Berlin alleine starben 2015 zehn RadfahrerInnen, in 2016 stieg die Zahl auf 17 Radverkehrstote an, soviel wie seit mehr als 10 Jahren nicht. Jedes Jahr wird die Luft weiter mit Giftstoffen aus dem Kfz-Verkehr belastet. Die Schätzungen von frühzeitig auf Grund von Luftverschmutzung verstorbener Bürger pro Jahre gehen alleine in der Bundesrepublik Deutschland in die zehntausend. Tatsächlich hat der Senat einige gute Ideen in seine Radverkehrsstrategie geschrieben – es gibt aber keinen klaren politischen Willen, diese umzusetzen. Der Senat hat das Ziel, 5 Euro pro EinwohnerIn und Jahr für den Radverkehr auszugeben. Viele andere große Städte geben 13 bis 25 Euro pro Jahr und Einwohner aus, ein riesiger Unterschied! Doch selbst das wenige Geld wurde in Berlin in den letzten Jahren nicht ausgegeben. Wenn die Entwicklung im bisherigen Tempo weitergeht, gibt es erst in 100 Jahren gute Radwege in Berlin. Unser Radgesetz nennt konkrete Ziele und klare Zeitvorgaben, damit es gute Radwege so schnell wie möglich gibt. Stattdessen werden A100 und Avus ausgebaut, entgegen der Erkenntnisse moderner Verkehrsplanung. Das zeigt, dass die Berliner Regierung mit ihrem „Weiter so“ drängende Probleme einfach ignoriert.

Fragen zu Auswirkungen auf das Gewerbe

„Die Geschäfte des Einzelhandels verlieren ihre Kunden, wenn der Autoverkehr eingeschränkt wird.“

Diese Bedenken wurden schon vor 50 Jahren geäußert, als die ersten Fußgängerzonen eingerichtet wurden. Das Gegenteil ist wahr: Durch Verkehrsberuhigung und neue Fahrradwege werden Straßen nicht nur attraktiver zum Wohnen, auch die Geschäfte profitieren. Denn die Menschen verweilen eher, wenn sie mit niedrigerer Geschwindigkeit unterwegs sind und die Straße insgesamt belebter ist. In den Innenstädten sind laut einer Studie gerade solche Geschäfte erfolgreich, die ihren Fahrradkunden einen sicheren Abstellplatz bieten und damit ein fahrradfreundliches Klima schaffen. Außerdem ist nachgewiesen, dass Unternehmer den Anteil der Kunden, die mit dem Auto kommen, stark überschätzen (geschätzt: 58 %, tatsächlich: 32 %; Quelle). Die jährlich ausgegebene Summe von RadfahrerInnen und AutofahrerInnen ist in etwa identisch und die von FußgängerInnen sogar bedeutend höher. Zu guter Letzt sind die Fahrradbranche und die Radtouristikbranche ernstzunehmende Wirtschaftsfaktoren mit hohem Wachtstumspotential.


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