Senatsversagen beim Neubau von Radinfrastruktur

Von | 10. August 2016

Berlin, 10. August 2016. Die Initiative Volksentscheid Fahrrad kritisiert massives Senatsversagen beim aktuellen Neubau von Radinfrastruktur und macht auf schlechte oder falsche Bauausführungen z.B. im Fall der Monumentenbrücke in Kreuzberg aufmerksam. Weitere Beispiele sind die Heidestraße zum Hauptbahnhof, die Warschauer Straße sowie die Konstanzer Straße. Diese aktuellen Beispiele zeigen, dass der Senat weiterhin lebensbedrohliche Konflikte zwischen Auto- und Radverkehr in Kauf nimmt. Die Initiative Volksentscheid Fahrrad fordert deshalb eine sofortige Überprüfung aller Neuplanungen und ruft die Berliner und Berlinerinnen auf, über die Sozialen Medien weitere Beispiele für Senatsversagen bei Neuplanungen zu melden.

Seit dem vergangenen Wochenende ist die Monumentenbrücke zwischen Kreuzberg und Schöneberg wieder für den Autoverkehr geöffnet. Staatssekretär Christian Gaebler verkündete via Twitter stolz die fristgerechte Fertigstellung. Nach massiven Protesten und Kritik über die Sozialen Netzwerke musste Gaebler jedoch nur wenig später eingestehen, dass die Markierungen für Radfahrer falsch umgesetzt wurden: Die Markierung endet mitten auf der Straße. Radfahrer werden direkt in den fließenden Autoverkehr geführt und ihre Sicherheit somit massiv gefährdet. Auch für Autofahrer sind solche Fehlplanungen mit Stress verbunden, da die Lage dadurch unübersichtlicher wird und eine erhöhtes Unfallrisiko besteht.

„Der Senat versucht anscheinend überhastet kurz vor der Wahl die Versäumnisse der letzten Jahre auszugleichen“, so Kerstin Stark, Initiative Volksentscheid Fahrrad. „Dabei werden geltende Qualitätsstandards missachtet und das Leben von Radfahrern leichtfertig aufs Spiel gesetzt”. Der ADFC kritisiert, dass auch nach vier Jahren Planung die Knotengestaltung Monumentenstr./Kreuzbergstr. offenbar nicht endgültig geklärt ist. „Der Fall ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Vielzahl der Beteiligten eine sinnvolle, übergeordnete Verkehrsplanung behindert. Die langwierige und teilweise chaotische Abstimmung zwischen Senatsverwaltung, Verkehrslenkung und Bezirken können Radfahrende am Ende Gesundheit oder sogar das Leben kosten“, sagt Nikolas Linck, Pressesprecher des ADFC Berlin. Fehlplanungen dieser Art sind grob-fahrlässig. Der Senat versäumt es, die toxische Situation auf Berlins Straßen zu entschärfen. Anstatt mit ‚Rücksicht’-Kampagnen & Leuchtreklamen auf die Verantwortung des Einzelnen zu verweisen, müssen endlich vernünftige Radwege geplant werden, um den Verkehrsfrieden wiederherzustellen. Die Initiative fordert daher eine sofortige Überprüfung aller bestehenden Neuplanungen auf ihre Radverträglichkeit, so dass Sicherheit und Komfort für Radfahrer ab sofort verbessert werden.

Dass es auch anders geht, zeigt die Millionmetropole London, wo noch vor wenigen Jahren fast keine Radwege existierten. Hier ist kürzlich der Ost-West-Radweg neu eröffnet worden. Ein hochwertiger, vom Autoverkehr baulich separierter Radweg, der auf mehreren Kilometern zusammenhängend durch die Innenstadt der britischen Hauptstadt führt. Seit dem ersten Tag wird dieser mit großer Begeisterung genutzt. “In Berlin glaubt der Senat immer noch an die magischen Schutzkräfte von weißer Farbe“, so Daniel Pöhler, Initiative Volksentscheid. “In Berlin werden Radwege so gebaut, dass immer die Gefahr besteht, dass sich rechts eine Autotür öffnet oder links ein Auto zu dicht überholt. Welches 10-jährige Kind soll sich auf solchen Wegen sicher fühlen?” Weitere Beispiele für schlechte Qualität und die Missachtung von Radverkehrsinteressen sind im Folgenden aufgelistet:

Waschauer Straße, Friedrichshain: Hier ist auf einer hoch frequentierten Hauptstraße ein nur mit weißer Farbe markierter Streifen für Radfahrer entstanden, der jetzt als Fortschritt verkauft wird. In der Praxis ist dieser Neubau jedoch zu schmal, wird regelmäßig von Falschparkern blockiert und stresst insbesondere weniger routinierte Radfahrer. Ein genügend breiter und vom schnellen Auto- und LKW-Verkehr separierter Radweg wäre hier die angemessene Lösung gewesen.

Heidestraße, Hauptbahnhof: Die neuen, jedoch zu schmalen und unübersichtlich geführten Radspuren entlang der Heidestraße führen seit kurzem durch das neue Europaviertel als nördliche Hauptverbindung zum Hauptbahnhof. Hier hätte sich ein breiter und separierter Radweg als direkte und sichere Anbindung für den steigenden Radverkehr aus dem Norden Berlins nach Mitte und zum Hauptbahnhof angeboten.

Konstanzer Straße, Charlottenburg-Wilmersdorf: Besonders zu beanstanden ist die Konstanzer Straße, wo Radwege vollständig fehlen und auch nicht auf die Interessen von Fußgängern und Anwohnern geachtet wurde. “Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist verkehrspolitisch offenbar auf dem Stand von 1960 stehen geblieben. Hier wurde eine Straße gebaut, die in die Abteilung “Autogerechte Stadtplanung” im Technikmuseum gehört”, sagt Tim Birkholz, Volksentscheid Fahrrad.

Dieses verantwortungslose Senats- und Bezirksversagen gefährdet Radfahrer und stresst auch Autofahrer. Konfliktsituationen zwischen Radfahrern und Autofahrern werden mutwillig in Kauf genommen. Der Senat muss deshalb dringend dafür sorgen, dass bei Planung und Bau von Verkehrsinfrastruktur die Notwendigkeiten für sicheres und entspanntes Radfahren für Alle berücksichtigt werden. Das von der Initiative entwickelte Radverkehrsgesetz (RadG) schreibt unter anderem Radverträglichkeits-Prüfungen vor. Die Initiative fordert den Senat auf, derartige Qualitätsüberprüfungen ab sofort vorzunehmen. Um den Druck zu erhöhen, wurde über die Sozialen Medien dazu aufgerufen, weitere Beispiele für Senatsversagen zu melden.

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Weiterführende Quellen und Links:
Diskussion auf Twitter zur Monumentenbrücke (inkl. Beiträge von Staatssekretär Christian Gaebler, vom 01. August 2016)): https://twitter.com/umwerfer/status/760186029534015488
Facebook-Aufruf vom Volksentscheid Fahrrad zum Melden von weiterem Senatsversagen (vom 09. August 2016): https://www.facebook.com/VolksentscheidFahrrad/photos/a.764263977038982.1073741828.761471077318272/882243405241038/?type=3
Facebook-Post zur Monumentenbrücke vom Volksentscheid Fahrrad (vom 02. August 2016): https://www.facebook.com/VolksentscheidFahrrad/photos/a.764263977038982.1073741828.761471077318272/878646222267423/?type=3&theater
Einen Kurz-Report mit Fotos zur Heidestraße gibt es hier (PDF zum Download).
Informationen zum Volksentscheid Fahrrad: https://volksentscheid-fahrrad.de
Fotos für die Presse, inkl. Vorher-Nachher-Fotos vom neuen Ost-West-Radweg in London: https://www.picdrop.de/volksentscheidfahrrad/Presse
Diese Pressemitteilung im Online-Bereich: https://volksentscheid-fahrrad.de/presse/pressemitteilungen/

Ansprechpartner für die Presse aus dem Team Volksentscheid Fahrrad: Kerstin Stark, 0172-135 76 08, presse@volksentscheid-fahrrad.de

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Die Berliner Fahrrad-Engagierten wollen mit dem selbst erarbeiteten Entwurf des Berliner Radverkehrsgesetzes (RadG) den Senat zwingen, schneller und tatkräftiger als bisher für sicheres und entspanntes Radfahren zu sorgen. Der 10-Punkte-Plan des RadG sieht zwei Meter breite Radwege an allen Hauptstraßen, 350 km Fahrradstraßen, 100 km Radschnellwege und 200.000 Radabstellplätze vor. Die Ausweitung der Fahrradstaffel und intensivere Kommunikationsarbeit fördern ein besseres Miteinander auf den Straßen. Verwaltungen erhalten die nötigen Personalressourcen und Budgets, um diesen 8-Jahres-Plan umzusetzen. Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens ist mit 107.000 Unterschriften in nur 3 ½ Wochen Berlins schnellster Volksentscheid. Die Unterschriften stehen für sieben Prozent der Wählerstimmen bei der letzten Wahl. Laut einer repräsentativen Umfrage stehen 62 % der Wähler hinter dem Volksentscheid, selbst 50 % der Autofahrer. Nach dem erfolgreichen Einleiten der ersten Stufe prüft der Senat nun die rechtliche Zulässigkeit und bringt das RadG zur Abstimmung im Abgeordnetenhaus. Bei fehlender Zustimmung würde das eigentliche Volksbegehren im Frühjahr 2017 starten. Würden 170.000 gültigen Unterschriften gesammelt, fände zur Bundestagswahl September 2017 die Volksabstimmung statt. Bei einem positiven Votum wäre das RadG dann unmittelbar in Kraft gesetzt. Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexperten und -expertinnen und Fahrrad-Campaigner. Wir werden von zahlreichen Verbänden und Unternehmen unterstützt. Organisatorisch arbeiten wir in schnellen bottom-up-Entscheidungsprozessen. Unsere Schwarmintelligenz wird flankiert durch den gemeinnützigen Trägerverein Netzwerk Lebenswerte Stadt e.V., der die Annahme von Spenden ermöglicht. Näheres dazu unter https://volksentscheid-fahrrad.de/verein/. Wer uns mit Tat, Zeit, Know-how oder Geld unterstützen möchte: bitte eine Mail an info@volksentscheid-fahrrad.de senden oder auf https://volksentscheid-fahrrad.de/mitmachen/ schauen. Wir haben z. B. Bedarf an Verhandlungstrainern, Coaches und Wahlkampfcampaignern. Gerne auch Großspender und Mäzene, denn bislang arbeiten wir ausschließlich ehrenamtlich.
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